Grubenpferd Tobias

Grubenpferd Tobias: Die letzte Schicht
Der Auftrag war ganz klar. Tobias sollte zu Tage. Aber nicht pfundweise….

Das war das Problem für Reviersteiger Heinrich Rawers. Er kannte Tobias ganz genau, schließlich hatte er es in den letzten zwölf Jahren an verschiedenen Betriebspunkten unter Tage eingesetzt. Auch öfters auf verschiedenen Sohlen. Das klappte auch immer ganz gut, bis auf den Tag als Tobias wieder eine Sohle höher gebraucht wurde. Mit Brot und Kaps wurde er auf den Korb gelockt. Die Klappspurlatte wurde hoch geklappt und Tobias ging ganz ruhig auf den Korb. War ja nicht das erste Mal. Ab und an ging’s auch mal ganz nach oben, auf eine saftige Wiese, direkt neben Schacht 5.
Heute ging’s nur eine Sohle höher, aber das sollte vorerst das letzte Mal sein.

„Unvorhergesehenes trifft sie alle..“, so steht’s schon in der Bibel.

Diesmal traf es Tobias. Es war ein Schlag aufs Hinterteil, den er nie vergaß. Die Klappspurlatte war nicht richtig fest und schoß mit voller Wucht auf Tobias Hinterteil. Durch den kräftigen Schlag auch noch nach vorne katapultiert, stieß sich der treue Zotte noch die Schnauze an der Spurlatte vor ihm. Der Schock saß fürs Leben. Damit das bei den Bergleuten unter Tage nicht passiert und sie einen Schock fürs Leben davontragen, wenn sie sich die „Nase“ stoßen, ist seit langem Arbeitskleidung vorgeschrieben, zu der eben auch ein robuster Helm gehört, der das Gröbste abhalten soll. Denn Brot und Kaps wird nicht ausreichen, um einen verstörten Kumpel des Bergbaus wieder zu Tage zu befördern.

„Nie wieder auf’n Korb..“ muß sich Tobias an diesem Tag geschworen haben.

„Selbst Knebel konnten Tobias nicht dazu bewegen wieder auf den Korb zu gehen. Sobald er in Schachtnähe kam, hat er sich hingelegt und es war nichts mehr zu machen,“ erzählte Heinrich Rawers. „weder mit Brot noch mit Grünzeug.“

Aber jeder geht mal in Rente, auch für Tobias kam die letzte Schicht. Am 22.6.1966 hieß es: „Tobias muß raus, aber nicht pfundweise.“

Auch dieser, nahezu unmögliche Auftrag wurde erfüllt. Als Bergmann ist man schließlich flexibel und Meister im Improvisieren. Ein Transportbehälter mußte her, aus der hauseigenen Schreinerei, 200x180x80cm, mit Rollen drunter.

Mit Brot und Kaps in die Kiste gelockt, Klappen zu und fertig. In der Kiste hatte Tobias keine Zeit und Gelegenheit mehr sich zu wehren. Reviersteiger Rawers und Stallbursche Schulke haben gut lachen.

Die nächsten vier Jahr verbringt Tobias in guter Pflege auf einem Kleinbauernhof.